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Die Stimmen

Die Stimmen (7)

Sonntag, 18. August 2013

Er hat wieder den ganzen Morgen herumgealbert. Texte, die alles zulassen, auch Fehler. Er ist jedes Mal selbst gespannt, was entsteht, wenn er die Zügel schleifen lässt.

Das sind die Stimmen, denkt er, diese unzählig vielen Stimmen, die in ihm tönen.

Jetzt hat sich, in dem Moment, da er etwas in sein Tagebuch einträgt, die Küchentür geöffnet. Seine Frau hat den Kopf rausgestreckt, im Haar eine Bürste, sodass sie aussieht wie ein Indianer. Er habe doch versprochen, heute nichts mehr zu schreiben, sagt sie. Aber, wehrt er sie ab.

Sie ist erzürnt. Verärgert. Nicht, dass er schreibt, sondern weil sie nicht möchte, dass er etwas verspricht, das er nach einer halben Stunde bricht.

Weniger, denkt er. Du musst weniger schreiben. Und das schreibt er auf. Da steht es, dass er weniger schreiben will.

Und jetzt?

Der Sonntag liegt wie eine freie Fläche vor ihm. Wie ein Stück Wiese, auf dem er sich austoben könnte. Er kann alles tun. Einen Kopfstand. Er könnte sich aufs Sofa legen. Lesen. Gut, denkt er. Nur nicht schreiben. Er hat es doch versprochen.

Er schreibt alles auf.

Gut, wenn man seinen Tag auch ohne die Schreiberei verbringen kann.

Morgen ist alles vorbei. Morgen wird er im Laden stehen und die Regale bestücken.

Aber aufschreiben werde ich das nicht, denkt er. Und was macht er? Er schreibt es auf.

Wenn ich morgen wieder arbeiten will, denkt er, ist der Sonntag eine Zeitbombe, die mir um die Ohren fliegen wird. Er sollte den Tag gut nutzen.

Das wird er tun. Heute wird er eine Schreibpause einlegen, denkt er – und schreibt es gleich auf.

Mehr nicht. Er will es ja nicht übertreiben.

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