Nachdem meine Eltern das Wirtshaus wiedereröffnet hatten, kamen täglich die Arbeiter der Umgebung zu einem Feierabendbier. Schwere und schweigsame Gesellen waren das, die Gesichter dunkel und trüb wie ein Schlammbad. Sie trugen gelbe und grüne Helme und sprachen kaum bis kein Wort. Staub rieselte von ihren Schultern und schwebte über den Boden, bis er sich nach einer Weile wie eine Katze, die den rechten Platz gesucht hatte, niederließ.
Ich stand hinter dem Tresen und zapfte Biere, jedes sieben Minuten lang, nie kürzer, nie länger, mit einer Schaumkrone auf ihren blonden Köpfen.
Falsch-Mama bediente die Männer in einem kurzen Rock, einem Minirock, einem Miniminiminirock, der die Männer, so Falsch-Papas Plan, zu unüberlegten sexistischen Bemerkungen verleiten sollte.
Die Männer, mürrisch und in ihre Gedanken versunken, achteten nicht auf Falsch-Mama, sie nahmen sie nicht mit einem Auge wahr, bis Falsch-Papa einen anderen Weg suchen musste, sie zu reizen.
Er fragte die Männer, sich breitbeinig aufstellend und auf den Boden spuckend, hinein in den Staub, der sich wie eine Katze niedergelassen hatte, und der sich entrüstet erhob und nun im Keller ein Plätzchen suchte, ob ihnen seine Frau nicht gefalle.
Weil die Männer Zwiesprache mit ihrem Bier hielten, mit den verschütteten Träumen, die unter ihrem Herzgeröll verborgen lagen, gaben sie meinem falschen Vater keine Antwort, der es endlich satt hatte und einen Trinker von seinem Stuhl hinauf vor sein Gesicht zog.
„Du willst wohl meine Frau beleidigen, indem du sie übersieht, du Antisexist!“, herrschte er den kleinwüchsigen Mann an.
Falsch-Papa bleckte seine Zähne, er knurrte und stellte den Biertrinker auf seine Bank zurück, hin vor sein Bier.
Im Wirtshaus herrschte absolute Stille. Niemand sagte etwas. Niemand sah zu meinem falschen Vater, der verzweifelt über die Ignoranz der Landbevölkerung sich am liebsten die Haare gekämmt hätte.
„Gott!“, schrie Falsch-Papa wie ein heulender Wolf auf.
Das war das richtige Signal gewesen. Alle Köpfe drehten sich augenblicklich in seine Richtung, denn eine Gotteslästerung konnten sie nicht durchgehen lassen. Auf keinen Fall.
„Endlich!“, rief Falsch-Papa und forderte mich mit einem Winken auf, rasch zu ihm zu eilen. Ich zapfte die letzten zwei Minuten eines Sieben-Minuten-Biers und stürmte zu ihm.
Den Rest der Abends prügelten wir uns auf fürchterliche Weise mit den Männern aus der Umgebung. Ich sollte endlich zeigen, was ich in den letzten Jahren gelernt hatte.
Zähne flogen in hohem Bogen wie Satelliten. Blut spritzte eimerweise, ganze Badewannen voll Blut, gar Schwimmbecken voll Blut. Zeitweise wurde so viel Blut vergossen, dass wir befürchten mussten, an dem Blut zu ersaufen. Ich kam nach Wochen auf die Idee, in Taucheranzügen zu kämpfen, aber Falsch-Papa lehnte den Vorschlag rund um ab.
Beine wurden gebrochen, Hände abgerissen, Ohren aus den Köpfen gezogen.
Aber nie schrie oder beklagte sich einer der Männer, deren Anzahl von Tag zu Tag abnahm, bis wir das Wirtshaus nach zwei Monaten in Ermangelung von Gegnern wieder schließen mussten. Bis dahin war es ein brutales Massaker, das von allen Beteiligten ernsthaft und mit Ehrgeiz täglich betrieben wurde.
Die Männer kamen, setzten sich, warteten auf das gotteslästerliche Wort und prügelten sich mit uns.
Es war die Zeit, da ich allmählich zu einem fertigen Geheimagenten heranwuchs, dessen Ausbildung bald schon beendet sein würde.
Mit roten Backen schlug ich aufgeregt zu, riss Organe aus einem wehrlosen Opfer und fieberte meiner unbestimmten Zukunft entgegen.