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Der Autor, den sie Horse nannten

Samstag

Früher war ich Künstler. Ich hatte es nicht leicht. Ich saß den ganzen Tag vor meinem neu entstehenden Kunstwerk und starrte es an. An einem Kunstwerk gibt es immer etwas zu tun. Manchmal trat meine damalige Frau Gisela neben mich und sagte: „Der Regenbogen, den musst du noch mehr biegen.“ Oder sie sagte: „Der Himmel ist nicht blau genug.“ In Künstlerehen wird ständig diskutiert. Die Kunst ist ein weites Feld. „Ja, da hast du recht!“, sagte ich.

Ich trank zu der Zeit eine Menge Wasser. Die Leute sorgten sich bereits um mich. Mein Wasserbauch reichte bis an die Leinwand heran. „Du musst weniger trinken“, riet mir mein Arzt. „Am Suff ist schon so mancher gestorben.“ Aber weil ich unglücklich war, trank ich mehr und mehr. Manchmal sogar in der Nacht. Ich schlich mich in den Wasserkeller und trank die ganzen teuren Wasserflaschen leer. Rhönsprudel war darunter, abgefüllt im Jahre 1882. Das war noch vor dem Wasserverbot, lange bevor die Flüsterkneipen entstanden, in denen heimlich gefeiert und getrunken wurden. Der Wasserschmuggel sollte zu einem einträglichen Geschäft werden. Nachts fuhren Gangster, wie die Brüder Lilienthal, ihre mit Wasserfässern beladenen Lastkraftwagen über die Berge, die Polizei im Genick. Es wurde scharf geschossen. Das Gesetz gegen den Verkauf und Verzehr von Wasser sollte mit allen Mitteln umgesetzt werden. Es gäbe genug Bier und Wein. Die Leute sollten sich daran halten.

Um nun ins Heute zurückzukehren, sei rasch erzählt, dass ich für die Bloggerin Julia B. einen Fragebogen ausgefüllt habe. Erstmalig habe ich mich zur Entstehungsgeschichte meines Romans UNTAT geäußert. Und nicht nur dazu, sondern ich habe auch Fragen zu meinen Wohnverhältnissen in aller Klarheit beantwortet. So viel Wahrheit gab es selten, und dies in wenigen Antworten.

Ich finde es gut, dass die Frauen sich allmählich ins Netz, aber auch in die Literatur hineinwagen. Ich bin seit langer Zeit ein Anhänger derer, die eine Frauenquote für den Buchmarkt fordern. Mindestens 7% der zukünftig erscheinenden Romane sollten von Frauen sein. Man muss sich doch die Preislandschaft ansehen, etwa den Büchner-Preis. Wer hat ihn zuletzt erhalten? Der Schriftsteller Sybille Lewitscharoff. Das ist eine bodenlose Frechheit. Hier liegt ein Skandal vor, der aufgerollt gehört. Als Unterstützer und Führer der feministischen Sache muss ich meine Schwestern in den Kampf gegen das Patriachart begleiten. Ich halte mich gerne unter Frauen auf. Ihre Ansichten, die Haare, die Brüste, das alles bereitet mit Freude.

Guten Morgen, Welt!

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Motorsäge des Schicksals

Samstag II

Ja, ja, es ist ja gut! Sie haben mich erwischt! Sie können behaupten, er hat es gar nicht getan. Kein Urlaub! Keine Ruhe! Dabei hatte er es uns doch versprochen. Und jetzt?

Wenn ich doch nur so könnte, wie ich es mir befehle.

Meine Frau hat soeben das Anwesen verlassen. Sie ist mit dem Rolls in die Stadt zum Einkaufen gefahren. Ich sehe das gar nicht gerne, weil es die Neiddebatte, die seit Jahren über mich und meine Milliarden geführt wird, neu entfachen wird. Man wird sie argwöhnisch begutachten, wird aufpassen, was sie einkauft. Blattgold! Habt ihr gesehen, sie hat eben Diamanten und Rubine in ihren Einkaufswagen gelegt.

Dabei rate ich meiner Frau, das sein zu lassen. Die Leute haben kein Verständnis dafür, dass wir das Zeug als Deko auf die Salatteller legen. Sie sind allesamt Feinde eines offensiv vorgeführten Ästhetizismus.

Nachher werden wir noch Essen gehen. Mein Tageswerk ist längst vollbracht. Ich habe fünf Seiten meines neuen Romans geschrieben, den ich „Die willige Sklavin des Wikingers“ nennen möchte. Ob der Verlag da mitspielen wird, bleibt abzuwarten. Es wird ein Krimi werden, der zu jener Zeit spielt, in der man auch „Wicki und die starken Männer“ angesiedelt hat. Irgendwann früher eben. Ich habe es nicht so mit der Recherche für ein Buch. Das macht nur Arbeit, die ich lieber in andere Dinge wie rumsitzen, schlafen und Sex investiere.

Ich denke, dass dies die letzte Meldung für heute war. Morgen geht es weiter.

Bis dann, Welt!

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Lesereise des Grauens

Dienstag

Während in England ein Baby zur Welt gekommen ist, habe ich schlecht geschlafen. Ich habe das Bett wie der Bauer den Acker durchpflügt, ohne zu säen allerdings. In dieser Nacht war Erntezeit. Ich habe das Unwohlsein des Körpers aufgenommen und in der Hand gewogen. Ich habe es für schlecht befunden. Und jetzt?

Ganz ehrlich, am liebsten würde ich mich übergeben. Keine Ahnung, was da los ist! Es könnte sein, dass ich etwas „falsches“ gegessen habe. Ein halbes Rind, nachher noch einen eingelegten Auerhahn. Ich höre schon die Meckereien der Leute, die mich vor meiner Maßlosigkeit warnen wollen.

Alle großen Schriftsteller waren maßlos. Sie haben gesoffen, gebetet, gefressen, als ob es kein Morgen geben würde. Klar. Das hat gar nichts damit zu tun, ob man Schriftsteller oder Müllmann ist. Es hat damit zu tun, ob man sich im Griff hat. Und im Griff, das muss ich mal auf das Tablett eines solchen Tagebuchs legen, habe ich mich überhaupt nicht.

Viel lieber lasse ich mich mir entgleiten. Ich rutsche mir am liebsten durch die Hände. Nur um zuzusehen, wie ich am Boden aufpralle und in tausend Stücke zerspringe. Anschließend lese ich mich auf.

Und das, heute wird es schwierig, passen Sie also auf, tue ich im wahrsten Sinne des Wortes. Ich liege im Bett oder auf dem Sofa und lese mich auf. Ich versuche mich in einem Roman zu finden. Irgendwo dort draußen ist ein Buch, das meine Geschichte erzählt. Ausgerechnet meine. Das ist verrückt. Das ist der Wahnsinn! Wie konnte das Roth wissen? Updike? Ich lese wie im Fieberwahn. Ich gesunde durch die Krankheit des Lesens. Und dann? Ein Wunder ist geschehen. Ich bewege meine Füße, meine Beine. Ein Wunder! Ich kann laufen. Dank eines Romans, der mir eine Geschichte schenkte, meine Geschichte, kann ich wieder laufen.

Und weiter geht es. Maßlos leben. Wieder lasse ich mich durch meine Finger gleiten. Das alte Spiel. Ein Unbelehrbarer!

Guten Morgen, Welt!

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Funkenmariechen des Todes

Dienstag II

Regen. Widerliches Getröpfel. Gewölk zog über die Villa. Dunkelheit spannte ein Zelt, in dem wir unterkamen, ich und mein Landstrich.

Viel zu berichten gibt es nicht. Alban (Name nicht geändert) ließ via Facebook durchblicken, dass er sich nach der Veröffentlichung seines nächsten Romans EGMONT (Name geändert) eine Lesung mit mir in einem der hiesigen Stadien vorstellen könnte. Warum nicht! Wer es in Fulda schafft, der schafft es überall, weiß der Volksmund diesen Ort zu beschönigen.

Meine Erinnerungen kletterten die Zeit hinab und fanden sich im Damals wieder, einer Hütte, in der ich mich und Alban (Name nicht geändert) sitzen und schreiben sah. Wir lachten uns die garstig-schlechten Seelenzustände aus den vom Alkohol gedunsenen Leibern, die wir gegen Abend in diverse Sektbars verfrachteten. Sex, reichlich genossen, spielte keine unerhebliche Rolle. Ich kann und werde hier nicht alles ausführen können, was sich an jenem fernen Tag ereignete; ja, ich sehe ich mich genötigt, den Deckel der Verschwiegenheit auf diese Tupperdose zu pressen, um den Journalisten der Boulevardpresse, die dieses Blog wie ihre Augäpfel hüten, nicht in Versuchung zu führen.

In der Küche werkeln derzeit die Köche, um mir ein Mahl zu bereiten, dem meine Zunge die Absolution erteilen kann. Fleißig wird geschnitten, beschnitten, Vorhäute und Wurstpellen fallen.

Guten Abend, Welt!

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Funkenmariechen des Todes

Samstag

Wenn ich mich in einer Phase befinde, in der ich mich neu erfinde, neu erfinden muss, um nicht den Verstand über mir oder der Welt zu verlieren, um die Leidenschaft ein weiteres Mal zu entfachen, um einen weiteren Teil meines Lebens-Romans schreiben zu können, wenn ich mich also in einer solchen Phase befinde, bin ich von einer unendlichen Traurigkeit erfüllt, die davon herrührt, dass ein altes Ich gestorben ist beziehungsweise noch stirbt.

Ich versammele mich um mich, sitze an meinem Totenbett, das ein Totensessel oder Totensofa sein kann, ein Totenküchenstuhl oder Totentoilettensitz, und halte mir die Hand, ich flüstere mir zu, dass alles gut werden wird, dass es bestimmt ein Leben auf der anderen Seite gibt, ich versichere mir, dass ich nicht lüge, wenn ich mir von einem Jenseits berichte, zu dem ich übersetzen kann und muss; all dies erzähle ich mir, der ich sterbe, der ich die Lider senke, ich, der ich keuche, dessen Wangen fahl leuchten, als würde die Lebendigkeit darin abgedimmt.

Ich sterbe, und während ich dies tue, beobachte ich mich dabei und beschreibe es!

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Funkenmariechen des Todes

Bücherbordell

Eine Bücherei ist ein Bordell, in das der Leser schlendert, die Romane abschätzend betrachtend, sie an Dicke und Dünne auf ihren Wert überprüfend, bis er nach einem greift, das schon oft ausgeliehen wurde.

Ganz abgegriffen ist es. Von jedem, dem danach war und der über einen Leihausweis verfügte, durchgelesen. Abgenutzt steht es zwischen einer Liebesschnulze und einer Lachnummer. Der Atem des Leser speit Duftwolken, die durchdrungen sind von den scharfen Zutaten des Mittagessens.

Dieses wird er nehmen, er wird es in einer einsamen Nacht in seinem Bett zu sich holen, wird, da er sich unbeobachtet fühlt, Eselsohren knicken, damit das Buch spürt, wem es zu gehorchen hat. Seine Augen werden über den Rücken des Romans wandern, die Hände werden es drehen, um die Vorderseite zu begutachten, den Einband, denn auf den kommt es diesem gemeinen Leser an, er will sich ein Bild von dem Buch machen, bevor er seinen Finger tief zwischen die Seiten schiebt. Er schlägt es auf, irgendwo, was schert es ihn, auf welcher Seite er landet. Ein gutes Buch muss jederzeit überzeugen können, zu jeder Uhrzeit, an jedem Ort, auf jeder Seite, mit jedem Wort. Gierig spießen seine Augen das erste Wort auf, eine erste Hülle, die fallen muss, unbedingt. Worte sind ihm Reizwäsche. Unter ihr muss blankes Fleisch glühen.

Die Haut muss ihn anziehen, sie muss ein Magnet sein, auf dem sich seine Zunge verlieren will, denn dort, auf der Zunge, muss der Roman schmecken.

Fühlt er sich getäuscht, wirft er das Buch wütend, angewidert gar, aus seinem Bett, mit einem solchen Wesen will er sein Lager nicht teilen. Er wird es zurück in die Bücherei bringen. Nicht weiter schlimm, denkt er. Es war nur geliehen, wurde in einer schwachen unbedeutenden Sekunde aus dem Reigen der anderen Romane erwählt. Andere warten, und vielleicht, unter seinen Schläfen pocht aufgeregt die Geilheit, wird er seinen Traumroman noch finden, jenen, der ihn erfüllen wird, der ihm Lustschreie aus dem Mund reißen wird. Unruhig, gequält von der Unwürdigkeit der Situation, erniedrigt von der Hässlichkeit, derer er ansichtig werden musste, versucht er sich in den Schlaf zu drehen, wie ein Verschluss, der auf die falsche Flasche soll.

Morgen ist auch noch ein Tag, denkt der Leser, er wird in die Bücherei fahren, wieder einmal, er wird den Raum salopp betreten, wie ein Unschuldsengel, und er wird sich den Büchern zuwenden, all den kleinen Huren, die in Reih und Glied stehen und warten, und die darauf hoffen, dass einer kommen wird, der sie entführt, der sie mit sich nimmt, um sie zu lieben, der sie lesen will, wieder und wieder, alle Tage, bis der Tod sie scheidet.

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Funkenmariechen des Todes

Notizen für meinen nächsten Krimi

Notizen für den nächsten Krimi, während man nervös seinen  Kaffee schlürft. (Tagebücher sind nebenher auch zu pflegen, wer weiß. – Nichts über den Stuhlgang, dafür feingeschliffene Aphorismen über das menschliche Dasein.)

Vielleicht mal einen Detektiv erfinden, der ein wenig besoffen ist, ein wenig geschieden, er könnte auch ein wenig Finanzprobleme haben. Alles im personalen Erzählstil gehalten. Viel „dachte er“, denke ich, könnte aber den Leser in seinem Empfinden für gleichlautende Worte verletzen, hin und wieder also auch ein „überlegte er“ benutzen. Ich denke, das ist besser.

Der Detektiv wird gebeten … Nein! Er erhält einen Auftrag. Nein! Doch! Der Detektiv erhält einen Auftrag, verliebt sich aber im Laufe des Romans (mindestens 800 Seiten, also viel beschreiben, wie die Umgebung aussieht und der ganze andere Kram, der so in der Gegend herumsteht) in seine Auftraggeberin, sodass der Fall zu einem Gefallen, zu einem persönlichen Feldzug wird, zumal wenn die Auftraggeberin (vielleicht auf Seite 317) Opfer eines heimtückischen Mordes wird. (Melodramatische Abschiedsszene inklusive Kuss einbauen.)

Zum Mörder. Der muss eine hundsgemeine Drecksseele haben. Nein! Besser. Er hat überhaupt keine Seele, dafür aber ein Talent, welches Auge zuerst aus seiner Höhle zu schöpfen ist. Er könnte sich für diese sadistische Vorgehensweise (Augenschöpfen) ein spezielles Mordinstrument gebaut haben, einem Esslöffel nicht unähnlich. – Darüber mit einem Fachmann reden. Nur wer? Polizei? Werkzeugmacher? Einzelhandelskaufmann?

Mörder hat unendliche Probleme in seiner Jugend gehabt. Rückblicke einbauen. Detektiv hatte ebenfalls unendliche Probleme. Ebenfalls Rückblicke einbauen. Unterschiede herausarbeiten. Detektiv gab das Tierquälen irgendwann auf.

Lokalkolorit. Nicht unwichtig. Ein bisschen Frankfurt, Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund, Fulda einbauen. Reiseführer benutzen. Eine Kunststadt erschaffen, die jedem Leser bekannt vorkommt. Aha! Das wird die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen lassen. Quasi den ultimativen Regionalkrimi schreiben.

Skandale einbauen. Zeitbezüge herstellen. Die Wirtschaftskrise sollte eine Rolle spielen. Politiker, die ihre akademischen Titel aberkannt bekommen. (Gewiefter Kniff. Im Hintergrund der Detektei könnte ein Radio laufen. Zitate der Nachrichten in Kursivschrift. – Gott, bin ich gut.)

Der Detektiv braucht Marotten. Er könnte heimlich auf einarmige Frauen stehen. Nein. Zu überzogen. Ein exzentrisches Hobby. Nein. Auf jeden Fall neigt er zur Schwermut. Nicht zu viel Schwermut einbauen, sonst belastet man den Leser. Zwischen den Szenen über die Schwermut, kleine Witze einflechten. Die lockern auf.

Am Ende ein Showdown, der sich gewaschen hat. Könnte in einer europäischen Metropole spielen. Bedeutendes Baudenkmal benutzen. Eventuell doch nach Ägypten ausweichen. Verfolgungsjagd im Schatten der Pyramiden. Ende mit einem Schlupfloch versehen, um einen zweiten Teil mit dem gleichen Mörder folgen zu lassen.

Am Ende ENDE schreiben. Erklärt dem Leser, an welcher Stelle des Romans er sich befindet und gemahnt an die großen alten Hollywoodproduktionen.

Titelsuche. Sehr wichtig. Der Titel ist der Markenname. Am besten nur ein Wort, z.B. Blutschwamm, Mördermond, Sackleinen (Sackleinen streichen. Verkauft sich nicht).

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Etzlingers neuer Roman

Jetzt ist das neue Buch vom Etzlinger erschienen. Gerade eben. Es wiegt schwer, ein wenig zieht es einen auch runter. Es liegt wie ein Stein in der Hand. Mit einem solchen Buch, Etzlinger weist auf Seite 77 seines folgenreichen Romans darauf hin, kann man eine Schaufensterscheibe einwerfen. In einen Münzschlitz passt es allerdings nicht. Dazu mehr bei Etzlinger in seinem Kapitel „Engpässe“.

Etzlinger ist ja geboren. Der Leser erfährt es vom Schutzumschlag. Dort steht: Etzlinger wurde in N. geboren. Weder wird der Tag noch das Jahr erwähnt. Auch den Tag, sowie die Umstände, erspart man sich. Dies alles scheint ein Geheimnis zu sein. (Wird hier an einem Mythos gestrickt?) Der Verlag hüllt sich in beredtes Schweigen. Auch Etzlinger hat sich zum betreffenden Datum noch in keinem Interview geäußert. Zu finden ist da eh nichts. Nicht im Netz. Nicht in den Print-Medien, für die er nicht zu existieren scheint. Kein Wort zu Etzlinger, nirgends. Da kann man verrückt werden, zumal wenn man das neue Buch von Etzlinger in den Händen hält. Ein Stein von einem Buch. Schwerwiegend. Depressiv. Es wurde bereits erwähnt. Deshalb erspare ich mir die Wiederholung.

Etzlinger soll ja ein Freund der Currywurst sein. Dieses Gerücht verteilte sich im letzten Jahr irgendwo. Wo? Ich habe es vergessen. Recherchierbar ist es nicht, da, Sie haben es geahnt, keine Informationen zu Etzlinger zu beschaffen sind.

In seinem Buch erzählt Etzlinger nichts, was, so Etzlinger auf Seite 37, keine große Kunst in der gegenwärtigen Gegenwartsliteratur ist. Er passe sich da nur an. Schreibe fort, was von anderen begonnen wurde, nicht von Einzelnen, sondern vom Gros der Hochliteratur. Er wolle sich durch die Aussparung, so Etzlinger auf Seite 47 (ganz unten), einer nacherzählbaren Geschichte, endlich in die Sphäre der gefeierten Sprachartisten schreiben. Oben wolle er schwingen. Direkt unter der Zirkuskuppe. Der Blick von dort entmenschliche zwar den Menschen. Aber alles können man nun mal nicht haben. Stecknadelköpfe seien es, schwebe man unter dem Himmel. Farbflecken. („Fortan will ich Sprachrohr sein für Farbflecken. Will tönen mit einem Megafon vom Himmelszelt. Reine Sprache will ich sein.“)

Im Kapitel „Das Buch als Tötungsinstrument“ warnt Etzlinger buchstäblich davor, ihn buchstäblich zu nehmen, wenn er vorschlägt, man könne seinen Roman zum Morden nutzen. Schädel wären damit zu löchern. Man könne Mäuler stopfen. Ihm gelinge dies, betrachte er die Verkaufszahlen seiner letzten siebzehn Romane, leider nicht. Keines seiner Bücher habe sich verkauft. An niemand. Manchmal frage er sich, ob es ihn überhaupt gebe, fragt sich Etzlinger im Nachwort. Die Frage ist schwer zu beantworten, ebenso schwer, wie das Buch ist, dass einen nach unten zieht, wiegt man es in den Händen. Trotzdem ist es erschienen. Gerade eben.

 

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Funkenmariechen des Todes

Zwischennotiz

Ich habe mir auf die Schulter geklopft. Fleißig, fleißig, junger Mann, habe ich geflüstert. Natürlich bin ich errötet. Bekommt man ja nicht jeden Tag zu hören, so ein „junger Mann“.

Nicht nur, dass die Notizen versorgt wurden, auch der/das >>>>Fotoblog hat zwei neue Kinder bekommen. Außerdem habe ich die vom mir selbst geforderte Seitenanzahl des neuen Romans geschafft.

In solchen Situationen kann man sich ruhig mal loben.

Jetzt duschen, dann lesen, >>>>ein Film. Von Stress würde ich hier nicht reden, auch nicht von einer Feierabendmentalität, ist doch alles INPUT für neues OUTPUT. Arbeit also, selbst das Schlafen.

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Verzweigungen ohne Trauben (Eine Fahndungsmeldung)

Nichts Böses ahnend, betrat ich an diesem Morgen das Eingangskapitel des von mir seit Jahren immer wieder aufs Neue gelesenen Romans Verzweigungen ohne Trauben, um erstaunt feststellen zu müssen, dass sich Teile des Personals ohne einen weiteren Kommentar aus dem Geschehen entfernt hatten. So fehlte unter anderem – noch weiß ich nicht, wo sie sich befindet, noch ob es ihr gut geht -, die von mir geschätzte Oberärztin Dr. Manuela Sommer, die mir noch beim letzten Besuch (gestern!) ein „Auf Wiederlesen“ ins Gesicht hauchte.

Heute Morgen aber war von ihr weit und breit nichts mehr zu sehen. Nachfragen bei Kollegen ergaben, dass sie nichts weiter über ihren Verbleib wüssten. Man zeigte sich bestürzt, sehr sogar, denn wie, so fragten sich und mich die Hinterbliebenen, solle die Romanhandlung, die seit der Niederschrift in festen Bahnen verlief, weiter schreiten, wenn sich Dr. Manuela Sommer nun nicht in Karin Störmer verlieben könne, was wiederum den Fall des Kanzlers zur Folge hätte. Das sei ja nun keine Kleinigkeit, so die eifrig nickenden Buchseitenbewohner. Ob ich denn die Rolle von Frau Dr. Manuela Sommer, wenn auch nur vorübergehend, übernehmen würde? Nein, nein, das könne ich nicht. Ich solle mich nicht so haben. Eine endlose Diskussion entspann sich, die ich mit einem überraschenden Sprung aus dem zweiten Kapitel beendete.

Zurück in meinem Zimmer, denke ich nun darüber nach, ob es Sinn macht, Verzweigungen ohne Trauben morgen bereits wieder zu belesen. Ich sollte Frau Dr. Manuela Sommer genügend Zeit geben, sich zu besinnen und wieder den von ihr so vortrefflich ausgefüllten Platz einzunehmen. Noch ist Zeit.

Sollten Sie also eine Person mit Eselsohren und Kaffeeflecken, die leicht verwirrt wirkt, auf der Straße antreffen, dann melden Sie dies bitte umgehend in der nächsten Buchhandlung. Danke.