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Funkenmariechen des Todes

Von einem, der ausschlief, das Fürchten zu lernen

Nach der Schlaflosigkeit kommt das andere Extrem. Plötzlich hat man sich ausgeschlafen, so wie man eine Flasche leer trinkt. Noch ein paar Züge, und im nächsten Moment ist nichts mehr drin. Kein Tropfen Leben, Denken, Fühlen. Man kann die Flasche auf den Kopf stellen wie man will. Hat man Glück rinnt noch ein letzter Atemzug aus dem Hals.

Ausschlafen ist wie ausziehen. Man lässt alles fallen, jede Bewegung bleibt in der Wohnung zurück. Ganz nackt liegt man vor dem Unterbewusstsein, das einen mustert. Von oben bis unten. Jetzt soll man sich mal drehen. Wie wäre es mit einem Tanz auf der Drehscheibe der Nacht?

In der Morgendämmerung stoppt sie. Man reibt sich die Augen, verlässt den Club. Schlafen ist Nachtarbeit. Und die müsste verboten werden. Nachtarbeit ist die Ausbeutung der Wehrlosen.

Ganz verzweifelt tritt man in den Tag. Bei all der Arbeit würde man jetzt am liebsten nach Hause, um sich auszuschlafen. Schlaf – richtig betrieben – ist ein hartes Stück Brot.

Eine Geschichte müsste man schreiben, von einem der ausschlief, das Fürchten zu lernen.

Einschlafen ist dagegen nichts. Ein Überfallkommando, verfügt man über die richtige Zahl Sandmänner. Sind von denen ganze Armeen angetreten, schläfert man sich ein – einfach so -, man schnippt mit den Fingern und steht bereits im Innenhof des Schlafs.

Schlafstellung eingenommen.

Wenn man seine Schafe eingeschläfert hat, kann man sich auf dem gewonnen Platz niederlassen und eine Mütze voll Mohn nehmen.

Aufwachen sollte man nicht. Nur selten. Wer will sich schon aufziehen wie eine Spielpuppe?

Aber lasst euch nicht von Fremden ausschlafen. Da ist stets einer, der euch ausschlafen lassen will, denn wo Schlaf ist, da sind auch Träume.

Ordnet sie, hängt sie in einen Ordner. Verwaltet eure Träume. Zählt sie am Jahresende. Nie sollte einer fehlen. (Am Ende eines gewöhnlichen Schläferlebens besitzt man in etwa 1 489 236 Träume).

Liegt man erst tot im Sarg, um sich ewig auszuschlafen, kann man die gesammelten Traumbilder gut gebrauchen. Nichts wie raus mit dem Album und Träume gucken. (Sie können natürlich doppelte Traumbilder tauschen. Ein Traumalbum erhalten Sie an jedem Kiosk oder der nächsten Polizeidienststelle.)

Das Leben will ausgeschlafen werden, damit am Ende genügend Träume da sind.

So ist das.

Heute.

Morgen ist es bestimmt schon wieder ganz anders.

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