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Funkenmariechen des Todes

Der Mann, der kein Flughafen sein wollte

Der Körner wollte es nie.

Landeten unsere Papierflieger auf seinem Grundstück, setzte es Drohungen. Nichts Unbestimmtes, sondern klare Aussagen darüber, was er mit unseren Armen zu tun gedächte, bekäme er sie in seine Hände.

Pranken waren das. Groß wie Klodeckel. (Hans vermutete, dass Körner in einem früheren Leben als Auftragskiller für die Israelis gearbeitet habe. Wir anderen hielten das allerdings für eine überzogenen These, die keiner näheren Überprüfung standhalten würde.)

Mann, konnte der Körner mit seinem Gesicht spielen. Da war alles in Bewegung. Wie auf einem Rangierbahnhof. Oder in der Fußgängerzone an einem Samstag. In der Nähe seines Gesichts hätte ich nicht wohnen wollen. Man hätte keine Ruhe gehabt. Ständig schossen Schweißperlen wie Silberkugeln durch die Gegend.

Wenn er uns in die Finger bekäme, würde er uns schon lehren, was es heißt, Flieger in fremden Gärten landen zu lassen.

Ein Lärm machte der, das war für alle Nachbarn unzumutbar. Selbst die Lastwagen, die durch unsere Straße polterten, übertönte er. Manchmal fuhren sie auch schneller, als hätten sie Angst vor dem Körner.

Einer von den Jungs kam auf die Idee, ihn über Nacht mit derart vielen Fliegern einzudecken, dass er seine Wiese nicht mehr sehen würde. „Soll er doch in einem Meer aus Papierfliegern ersaufen, die alte Sau.“

Aus den Plänen wurde nichts. Und kurze Zeit später gaben wir die Fliegerei dann auch ganz auf. Wir hatten uns dafür entschieden, Fußballprofis zu werden, weil die Verdienstmöglichkeiten weitaus besser waren. Außerdem wurde man für jedes Tor wie ein Halbgott gefeiert, auch wenn das Frau Jakob und ihre kaputte Scheibe zunächst nicht einsehen wollten.

Der Körner schaute uns seit dieser Zeit traurig an. Etwas schien ihm zu fehlen, vielleicht war es die Aufregung um seinen plötzlich von uns nicht mehr genutzten Flughafen.

Später starb er an einem Herzinfarkt. Zur Beerdigung sind wir nicht gegangen.

Es soll überhaupt eine sehr stille Trauerfeier gewesen sein. Er hätte uns eben bei unserer Flughafenarbeit unterstützen sollen.

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