Karfreitag! Draußen sind die Kinder der Kirche der letzten Dynastie Gottes unterwegs und drehen an ihren Glücksrädern, riesige Holzräder, die von zwei bis drei von ihnen getragen werden müssen. Sie bleiben stehen, Schweiß läuft ihnen in Strömen über das Gesicht, bis es sich in einen Wasserfall aufzulösen droht. Der Kleinste streckt sich, seine Hände reichen kaum hinauf, und dreht das Rad. Ratternd wirbelt es wie ein Propeller. Es nimmt Geschwindigkeit auf und bläst den frisch gefallenen Schnee die Straße entlang. Die Fenster der Häuser meines Personals öffnen sich. Frauen und Männer strecken aufgeregt und neugierig ihre Köpfe hinaus, starren gebannt auf das Rad, das sich nun verlangsamt, das von Untergangszenario zu Untergangsszenario schreitet, bis es sich für das Feld „Tod der Menschheit durch Pong“ entscheidet. Man applaudiert. Die Glücksräderkinder stellen ihr Rad ab und verbeugen sich.
Plötzlich schreit eine alte Frau, die für das Bügeln meiner linken Socken zuständig ist: „Quatsch!“
Der Anführer der Glückradkinder, ein langgezogenes dürres Etwas, dessen Kopf kaum auszumachen ist, tönt aus den Wolken hinab: „Die Welt wird untergehen, wie es das Rad voraussagt!“
„Quatsch“, erwidert die alte Frau. „Außerdem solltest du mich mal waschen. Du stinkst!“ Sie rümpft die Nase und schlägt das Fenster zu und verschwindet.
Damit haben die Glücksradkinder nicht gerechnet. Verdutzt bleiben sie stehen, nur ihr Anführer, ein gewisser Peter Walter (Name geändert) tritt unsicher auf der Stelle. Die anderen warten, zucken mit den Schultern, verdrehen die Augen.
„Wir müssen jetzt weiter, Peter!“, rufen sie mit einem Megafon in die Richtung, in der sie seinen Kopf vermuten.
„Die Frau hat gesagt, ich würde stinken!“, donnert Peter.
„Nein, nein“, beruhigen ihn seinen Kameraden und unterstreichen die Ernsthaftigkeit ihrer Beteuerungen mit einem unterdrückten Lachen.
„Lacht ihr etwa?“
„Nein!“ Alle schütteln die Köpfe. Man möchte weiter, immerhin sind heute noch einige hundert Weltuntergänge vorauszusagen.
Ich zog gemütlich an meiner Partagas No. 4 und genoss das Schauspiel, in meiner Linken eine Flinte, sollte sich die Menge dort unten nicht bald auflösen. Außerdem musste ich der Köchin noch Anweisungen geben, erwarten wir heute doch den Mathematiker Gauß. (Der Mathematiker Gauß ist eine Frau, blond, und sie rechnet mit dem Schlimmsten. Sie ist für diesen Rechenweg bekannt. Außerdem betätigt sich Gauß nebenher noch als Hütchenspielerin, die durch die Großstädte der Republik tingelt, um ahnungslose Banden von Rumänen auszunehmen. Dank eines von ihr ebenfalls erfundenen Rechenwegs, kann sie voraussagen, in welcher Handinnenfläche die Kugel verschwinden wird. „Das wäre Betrug“, stottern die betrügerischen Hütchenspieler meist, aber Gauß lässt sich von den drohenden Blicken nicht erweichen und fordert die Herausgabe aller Gelder. So ist Gauß, ein eiskalter Mathematiker, der hin und wieder auch schon zu Ostern mit Schnee gerechnet hat.
Die Glücksradkinder diskutieren noch immer mit Peter, der inzwischen auf dem Standpunkt steht, dass das Leben keinen Sinn hat, wenn man stinkt und er wolle es hier an dieser Stelle durch Luftanhalten beenden. „Nicht jetzt, nicht heute!“, rufen seine Kameraden. „Wir sind doch eh zum Untergang verdammt. Spätestens in dreihundert Jahren werden wir alle von einer Flutwelle weggespült“, versuchen sie Peter zu beruhigen, der endlich, sich der Argumentation beugend, aufgibt und murrend den Marsch zum nächsten Haus aufnimmt. Ein Schritt für ihn, schon sind sie da.
Kinder, denke ich und schließe mit einem verzeihenden Lächeln das Fenster.
Als ich mich umdrehe, eilen Köche, Schlangenbeschwörer und Tischplattenträger durch mein Wohnzimmer, dessen Ende einzig mit einem speziellen Teleskop auszumachen ist. Mein Pferdehalter reicht mir mein Pferd, damit ich in die Küche reiten und nach dem Rechten sehen kann. (Rechts stehen die Bananen. Man muss ausdauernd patroulieren, damit sich keine schwarzen Flecken auf die Schale setzen. Diese unseligen dreckigen schwarzen Flecken, die gekommen sind, um uns das Leben zur Hölle zu machen. Eine außerirdische Intelligenz … Aber dazu später mehr.)
Guten Morgen, Welt!