Als ich an diesem Morgen aufstand, die Füße nackt wie der gepeinigte Jesus Christus, der von seinem eigenen Tod auferstanden ist, und ins Wohnzimmer hinüberging, vom Jenseits ins Diesseits also, und dabei dachte, was soll das sein, ein Wohnzimmer, wo ich doch überall lebe, die Küche, das Klo, das Schlafzimmer, das sind mir doch alles Wohnzimmer, keines würde ich missen wollen, da strahlte das Mondlicht hell wie Sonnenlicht ins Zimmer hinein. Du Depp, dachte ich. Das Mondlicht ist ja Sonnenlicht.
So eine Gelegenheit kommt nicht wieder, dachte ich und zog mich aus und legte mich ins Sonnenlicht, das vom Mond ins Zimmer geleitet wurde. Meine Haut, die überempfindlich ist wie Toilettenpapier, zweilagiges, meine Haut, die bei jeder Wintergelegenheit reißt, könnte so die Bräune erhalten, die ich ihr sommers vorenthalten muss.
Die Haut, so mein dafür zuständiger Arzt, weil es heutzutage einen Arzt für jedes Haar gibt, hatte mir erklärt, dass die Haut ein Elefantengedächtnis habe, die vergesse nichts, vor allem nicht, wenn man sie schneide oder auspeitsche. Da kann das Hirn vergessen wollen, wie es will, die Haut wird sich weiterhin daran erinnern.
Auf einem Handtuch lag ich und dachte darüber nach, ein Mondscheinstudio zu gründen, eine große Halle könnte man anmieten, in die der Mond sein Sonnenlicht bei Vollmond wirft, damit sich all die gepeinigten Blassen eine sanfte Bräune zulegen können, die freilich so blass bleibt, dass man sie unter ein Mikroskop legen müsste, um die entstandene Bräune als solche identifizieren zu können.
Ganz still war es an meinem Wohnzimmerstrand. Kein dicken Frauen, die sich umdrehen wollen, und die es nicht schaffen, weil sie Probleme mit der Schilddrüse haben, keine kleinen Kinder, die Löcher in meinen Parkettboden schlagen, um eine Burg zu errichten. Das Bauen liegt dem Strandkind im Blut. Ständig will es etwas aus- und später eingraben. Kinder sind Baumeister und Totengräber in einer Person.
Lange lag ich nicht dort, weil ich fror, und weil es unangenehm und peinlich war, so allein an seinem Privatstrand zu liegen, und darum bin ich bald schon aufgestanden und habe das hier geschrieben. Ein wenig morgendliche Wahrheit, habe ich gedacht, die werden meine Leser schon aushalten. Deshalb liest man doch das Tagebuch einer wildfremden Person, gerade wenn Sie eine Person des öffentlichen Interesses ist. Man will erfahren, was der oder die so treibt, was ihn oder sie umtreibt, und Sie haben es wieder einmal erfahren, haben das erfahren, was eigentlich hinter vier Wänden verbleiben sollte.
Guten Morgen, Welt!