Unentschlossen. Könnte aufs Klo gehen. Vielleicht. Und dann? Ratlosigkeit.
Wiebke (Name geändert) warnt mich vor unüberlegten Handlungen. Außerdem sei ich fort gewesen. Da müsse man überprüfen, ob man komplett zurückgekehrt sei.
Weiß nichts von einer Reise, spreche sie aber auch nicht an, weil sie Ansprachen nicht ausstehen kann. Wie es denn gewesen sei, hat sie mich am gestrigen Abend gefragt. Und das mitten hinein ins TV-Duell zwischen Merkel und Steinbrück. Die Spannung war gerade am Überkochen. Merkel lachte. Unerträglich. Die heckt was ganz gemeines aus, dachte ich. Eventuell plant sie eine Eurozone. Und dann? Wir werden alle mit Zügen dorthin abtransportiert. Drumherum eine Mauer. Grenzsoldaten. Schießbefehl. Drinnen lauter Europäer, die die Planwirtschaft leben sollen. Eine Wirtschaft mit reinen Planern. Horrorvorstellung. Keiner mehr da, der etwas beendet. Und mitten im Lachen fragt meine Frau, wie es gewesen sei? Ja, wo denn, will ich wissen. Dort, wo du warst.
Ich war überhaupt nicht aus dem Haus. Sie schüttelt den Kopf. Kann nicht verstehen, dass ich zu meinen Ausflügen nicht mehr stehe. „Früher hast du zu deinen Reisen gestanden!“ Und nach einer Weile der Hinweis, dass ich überprüfen soll, ob ich vollständig sei. Dort, wo ich gewesen sei, handele man mit den Organen von Schriftstellern, mit ihren Hoffnungen, Ängsten, Fragen. Angsterfüllt. Dann ein befreiendes Kichern. Ich würde nie an einen solchen Ort fahren.
In der Nacht wirre Träume von einem Besuch der Stadt der Händler. Sah mich am Bahnhof ankommen, Leute schlagend, die sich nicht vor den Zügen hatten verbeugen wollen. Ein Bahnhof, schrie ich. Das ist ein Bahnhof. Beachtet bitte die Etikette. Ich zeigte ihnen eine schwere Eisenkette, die mir um den Hals hing. Schnappte mir vor dem Bahnhof ein lebendes Taxi. Vier Männer bildeten die Reifen. Sie trugen mich auf einer Sänfte direkt ins Zentrum. Die Stadt der Händler. Geschäft an Geschäft. Hatte man erst eins betreten, verließ man es so schnell nicht mehr. Man kauft, und hat man kein Geld mehr, verschuldet man sich. Man muss in einer der unterirdischen Nähereien schwitzen, um die Schulden abzuarbeiten. Ein alter Trick dieser Stadt. Laut dem Amt für Statistik verschwinden von drei ankommenden Touristen vier in den Nähereien. Ja, ja, die Statistik.
Ich ließ mich zum Stadion tragen, das weit vor den Toren der Stadt liegt. Machte Station, um das Stadion zu besichtigen. Wahnsinn. Um das Gras mit Licht zu versorgen, müssen täglich 10 000 stationierte Stadionrasenpfleger mit UV-Taschenlampen den Rasen anstrahlen. Spiele finden keine statt. Das Gras. Niemand will es gefährden. Gebannt sehen an guten Wochenenden eine halbe Millionen Fans zu, wie das Gras beleuchtet wird.
Nach dem Stadion erwachte ich.
War ich also tatsächlich unterwegs gewesen? Warum der Hinweis, es könne etwas fehlen? Antworten fehlen. Mathilde (Name geändert) hat recht. Antworten fehlen. Ich war also doch in der Stadt der Händler. Und nun fehlen mir Antworten. Habe sie vermutlich an jemand verkauft. Einen Politiker? Ich weiß es nicht. Wie auch? Ich werde zukünftig keine Antworten mehr haben. Daher auch die Unentschlossenheit. Sollte ich aufs Klo gehen? Ich weiß es nicht, Gott, ich weiß es nicht.
Guten Morgen, Welt!