Unglaubliches ist geschehen.
Meine Hände hatten sich vorübergehend der Selbstständigkeit verschrieben, wanderten sie gestern doch – ganz gegen meinen Willen – über die Schreibtischplatte, sie inspizierend, schnüffelnd an diversen Stiften, die sie anstießen wie Körper, die sich jeden Moment rühren müssten. Von der Totenstarre der Schreibwerkzeuge enttäuscht, zogen sie unter meinen erstaunten Augen in Richtung eines kleinen Bücherbergs, an dessen Ostseite sie aufstiegen. Sich an einem Krimi klammernd, dessen Buchrücken ein wenig hervorstand, verschnauften sie, um dann die letzten drei Bücher mit einem gewagten Sprung zu überwinden. Eine Kraftanstrengung sondergleichen, denn die Hände schliefen mir nur wenige Sekunden später ein. Selbst ein Schnarchen war, konzentrierte man sich genügend, zu vernehmen.
Nach dem Erwachen schienen sie wieder voll und ganz meine gewohnten Hände zu sein, gehorchten sie doch – ohne Sträuben, ohne Widerworte – meinem Willen. Noch erschrocken über das Geschehene, steckte ich sie probeweise in die Gesäßtaschen meiner Jeans, dann wieder brachte ich sie in die Nähe von Handschuhen, die ich ihnen als Drohung präsentierte. Wer nicht gehorche, so flüsterte ich in meine Handinnenflächen, würde über kurz oder lang (eventuell spurlos und für immer) verschwinden. Keine Regung von Seiten der Hände. Vielleicht, so dachte ich, war ich nur einem Tagtraum aufgesessen. Vielleicht hatte sich aber auch alles wirklich so ereignet. Wie dem auch sei, ich werde meine Hände fortan mit zwei kritischen Augen im Blick behalten.